Zwei Unternehmen, die sich zusammenschließen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen oder Teams die aus Personen mit unterschiedlichen Stärken bestehen – Synergien und Zusammenschlüsse begleiten uns alle im Arbeitsalltag. Und das ist auch der Grundgedanke der Sektorenkopplung in der Dekarbonisierung. Was man unter Sektorenkopplung versteht, welche Vor- und Nachteile durch eine sektorenübergreifende Klimastrategie erzielt werden und welche Sonderrolle Photovoltaik hier zukommt, erklärt dieser Beitrag.
Definition: Was versteht man unter dem Begriff Sektorenkopplung in der Wohnungswirtschaft?
Der Begriff Sektorenkopplung beschreibt nach der Definition des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), „die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien in den Sektoren Wärme, Mobilität und Industrie“. Durch den Einsatz von Solarthermie zum Heizen oder anderen erneuerbaren Energiequellen sowie die Nutzung von Ökostrom zur Reduktion fossiler Brennstoffe in diesen Sektoren, trägt die sogenannte Sektorenkopplung zu einer schnellen Energiewende bei.
Sektorenkopplung in der Wohnungswirtschaft beschreibt das Konzept bei dem verschiedene Energieverbrauchssektoren – wie Strom, Wärme und Mobilität – erzeugt aus Erneuerbaren Energien in einem Quartier verbunden werden. CO2-Emissionen werden in diesem Fall also nicht nur isoliert in einem Gebäude betrachtet, sondern im Kontext des gesamten Energieverbrauchs und Energieerzeugungsprozesses in der gesamten Liegenschaft. Ziel der Sektorenkopplung ist es, Energie dort zu verwenden, wo sie erzeugt wird, und gleichzeitig erneuerbare Energien optimal zu nutzen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Wärmepumpe: Sie verwendet Strom, um Wärme aus der Erde zu extrahieren und zu komprimieren, die dann effizient zum Heizen genutzt wird. 1 kW Strom wird durch Umgebungswärme in etwa 3 kW saubere, emissionsarme Wärme umgewandelt. Dies entspricht einem Wirkungsgrad von 300 % oder mehr, vorausgesetzt die Bedingungen sind optimal.
Sektorenkopplung als Schlüssel für ein klimaneutrales Quartier
Ein aktuelles Beispiel für Sektorenkopplung ist das Münchner Werksviertel, das in den vergangenen Jahren zu einem modernen Quartier transformiert wurde. Das zeigt sich auch in der Energieversorgung: Das Energiekonzept im Werksviertel basiert auf einer Grundwasser-Geothermie-Anlage und zwei erdgasbetriebenen Blockheizkraftwerken mit einer Energieeffizienz von 90 Prozent. Zusätzlich erzeugen Photovoltaikanlagen Strom, der sowohl für Wärmepumpen als auch für die Elektromobilitätsinfrastruktur des Quartiers genutzt wird. (Quelle: EON)
Wie das Beispiel des Münchner Quartiers zeigt, stellt die Sektorenkopplung einen Schlüssel zu einer schnellen Transformation hin zu einem klimaneutralen Portfolio dar. Die intelligente Versorgung einer Liegenschaft mit lokal erzeugter, erneuerbarer Energie trägt zur umfassenden und effizienten CO2-Reduktion und nachhaltigem Energiemanagement im Portfolio bei. Wird Strom via PV-Anlagen erzeugt, kann deren Energieüberschuss beispielsweise in den Betrieb der Wärmepumpe und für das Laden von E-Autos genutzt werden. Mit dieser Kombination rückt das Netto-Null-Ziel in Quartieren in greifbare Nähe für Immobilienunternehmen. Sektorenkopplung bringt darüber hinaus auch wirtschaftliche Vorteile für Immobilienunternehmen mit sich.
Vorteile der Sektorenkopplung für die Klimastrategie: Synergieeffekte nutzen und damit Refinanzierung unterstützen
In den letzten Jahren konzentrierten sich Bemühungen Emissionen in Quartieren zu reduzieren vorrangig auf Einzelmaßnahmen. Beispielsweise wird die Modernisierung der Heizungstechnik, d.h. der Ersatz alter Öl- oder Gasheizungen durch emissionsarme Heizungstechniken wie Wärmepumpen, finanziell von der Bundesregierung gefördert. Auch Ansätze wie das “Worst First”, d.h. die Ermittlung der Immobilie mit der schlechtesten Effizienzklasse im Portfolio, werden mittels des Gebäudeenergiegesetzes der Bundesregierung unterstützt.
Betrachtet man stattdessen das Energiemanagement im Portfolio mittels Sektorenkopplung ganzheitlich, ergeben sich für Wohnungsunternehmen aber langfristige wirtschaftliche und nachhaltige Vorteile. Durch die intelligente Vernetzung von Energieerzeugung und –verbrauch können Betriebskosten gesenkt, Emissionen reduziert und die Nachhaltigkeit der Immobilien deutlich verbessert werden.
Die Vorteile im Überblick:
Gesteigerte Energieeffizienz: Indem die Energie dort eingesetzt wird, wo sie produziert wird, wird die Abhängigkeit von externen Energiequellen reduziert und die lokale Energieeffizienz gesteigert. Das trägt dazu bei, die Effizienz der Energieverwendung zu maximieren und die CO2-Emissionen zu minimieren. Sektorenkopplung ermöglicht es Immobilienunternehmen heute schon, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern um über 90 % zu senken. Beispielsweise indem die Wärme, die in elektrischen Anlagen oder bei der Stromerzeugung entsteht, zur Beheizung von Gebäuden genutzt wird.
Ganzheitliche Reduktion von CO2-Emissionen: Durch die Integration von erneuerbaren Energien über verschiedene Sektoren hinweg können Wohnungsunternehmen den CO2-Ausstoß ihrer Immobilienportfolios drastisch senken. Wird beispielsweise mittels PV-Anlagen erzeugter Strom im Gebäude für die Wärmeversorgung und die Ladestation von E-Autos genutzt, ist eine vollständige Emissionsreduktion in einem Quartier möglich. In 2023 wurde insgesamt 56 % des in Deutschland erzeugten Stroms aus Erneuerbaren Energien gewonnen. Flächendeckend eingesetzte Sektorenkopplung kann signifikant dazu beitragen, den anvisierten Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch von 80 Prozent im Jahre 2030 zu erreichen.
Unabhängigkeit von Energieabgaben: Durch die optimierte Nutzung von lokal erzeugter Energie, wie z.B. Solarstrom, machen sich Wohnungsunternehmen unabhängig von externen Energiequellen, damit verbundenen Preisschwankungen und gesetzlichen Abgaben. Die Autarkie erleichtert es außerdem, auf regulatorische Änderungen flexibel zu reagieren. Bei einem Emissionswert von mehr als 52 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter erwartet Vermieter:innen auf Grundlage des Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz eine Kostenübernahme von 95 % pro ausgestoßener Tonne CO2. Bei mehreren unsanierten Wohnungen im Portfolio entstehen hier in den kommenden Jahren für Immobilienunternehmen schnell Kosten in Millionenhöhe bei einem Preis von 30 Euro pro Tonne CO2 (2023).
Refinanzierungsmöglichkeiten: Neue Geschäftsmodelle, wie z.B. Mieterstromprojekte, können durch die Erzeugung und den Verkauf von überschüssiger Energie zusätzliche Einnahmequellen schaffen und so zur Amortisation der Investitionskosten beitragen. Das Beispiel eines unserer Kunden zeigt: Dem Wohnungsunternehmen bieten sich erhebliche Erlöspotenziale im Rahmen ihres Modernisierungsvorhabens, unter anderem durch die Installation von PV-Anlagen auf den Dächern und die Modernisierungsumlage. Durch die Priorisierung der Installation von PV-Analgen und den Fokus auf eine 50%-ige Mieterstromdurchdringung kann ein um 2 Millionen Euro höheres Potenzial durch Mieterstromerlöse erzielt werden kann.
Zusätzlich zu den Vorteilen, sollten die folgenden Bedenken bei der Analyse und Entwicklung der Klimastrategie mitberücksichtigt werden:
Hohe Anfangsinvestitionen: Die Einführung von Systemen zur Sektorenkopplung erfordert oft erhebliche anfängliche Kapitalausgaben. Die Installation von Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen, Energiespeichern und anderen Technologien kann kostenintensiv sein.
Wird jedoch die Klimastrategie für ein Portfolio ganzheitlich entwickelt, profitieren Sie hier wirtschaftlich von Synergien und Standardkonzepten. Wenn Sie direkt zu Beginn die Standardkonzepte für Ihr gesamtes Portfolio kennen, lassen sich Bedarfe frühzeitig festlegen und Kosteneinsparungen erzielen.
Komplexität in der Planung und Umsetzung: Die Integration unterschiedlicher Energiesysteme kann technisch anspruchsvoll sein. Es erfordert detaillierte Planung, um sicherzustellen, dass die Systeme effizient zusammenarbeiten. Zudem kann die Koordination der verschiedenen Bau- und Installationsphasen logistisch herausfordernd sein. Hier bietet es sich an, auf Immobilien-Software in Kombination mit Energie- und Software-Expert:innen zu setzen. Modernisierungskonzepte lassen sich schnell digital erstellen und vergleichen, um die größten Potentiale von Energieeffizienz im Portfolio zu ermitteln.
Regulatorische Barrieren: Gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen (siehe Förderung von Einzelmaßnahmen oder des “Worst-First-Ansatzes") können die Umsetzung von Sektorenkopplungsprojekten erschweren oder verzögern. In vielen Regionen sind die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen noch nicht auf die Sektorenkopplung ausgerichtet. Hier lohnt sich ein Blick auf Beispiele aus der Praxis, sogenannten Best Practices. Energieexpert:innen sind hier die besten Ansprechpartner:innen, da sie auf Erfahrungen aus zahlreichen abgeschlossenen Klima-Strategieprojekten zurückgreifen können und ihre Erfahrungen auf Ihr Portfolio übertragen können.
Photovoltaik als Schlüsseltechnologie: Die Bedeutung von PV in der Sektorenkopplung
Der Einsatz von Photovoltaik-Anlagen unterstützt nicht nur die Energieeffizienz und CO2-Reduktion, sondern trägt durch die Integration in das Gebäude-Energiemanagement und den Weiterverkauf der gewonnenen Energie gleichzeitig dazu bei, die Amortisationszeit der Investitionen drastisch zu reduzieren.
Welche Rolle PV aus wirtschaftlicher Sicht für die Klimastrategie spielt, zeigt das Beispiel der Rheinwohnungsbau: Das mittelgroße Immobilienunternehmen stand vor der Herausforderung, eine Wohnsiedlung aus den 60er Jahren zu modernisieren. Statt einer einfachen Modernisierung entschied sich das Unternehmen für eine umfassende Überarbeitung mittels Sektorenkopplung. Sie installierten Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 2.000 kWp auf den Dächern und ersetzten die alten Gasbrennkessel durch 89 Luft-Wasser-Wärmepumpen. Die Integration von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge und die Vermarktung von PV-Strom über ein Mieterstrommodell führten zu einer drastischen Reduktion der CO2-Emissionen auf 0 kg pro Quadratmeter und einer jährlichen Rendite von bis zu 7%.
Durch die Installation von PV-Anlagen und deren Einsatz im Sinne der Sektorenkopplung, profitieren Wohnungsunternehmen von:
- der Senkung der Energiekosten durch Eigenverbrauch
- zusätzlichen Einnahmen durch die Vermarktung von Überschussenergie
- die Implementierung neuer Geschäftsmodelle, z.B. Mieterstrommodelle
- der Wertsteigerung der Immobilien als umweltfreundliche Lösungen
- Investitionsförderungen und steuerlichen Anreize
- der Unabhängigkeit von Preisschwankungen
Langfristige Wirtschaftlichkeit statt Begrenzung der Modernisierungskosten
Die Sektorenkopplung spielt eine entscheidende Rolle für eine wirtschaftliche CO2-Reduktion in der Wohnungswirtschaft. Durch die intelligente Vernetzung von Energieerzeugung und -verbrauch können Betriebskosten gesenkt, Emissionen reduziert und neue finanzielle Erträge generiert werden. Wohnungsunternehmen sollten daher im Zuge ihrer Klimastrategie die Möglichkeiten der Sektorenkopplung aktiv ermitteln.
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