Die Gesetzgebung auf EU- und Länderebene gibt einen klaren Kurs vor: 2045 ist die Verbrennung fossiler Energien nicht mehr zulässig. Die Reduktion der CO2-Kosten, die Reduktion fossiler Energieträger und die Verbesserung der Effizienzklassen sind gesetzlich verankert.
Aktuell ist die Lage dabei so: Die Immobilienbranche ist für 40 % der CO2-Emissionen verantwortlich. Mit der aktuell durchschnittlichen Sanierungsquote von 1 % wäre damit erst in 100 Jahren die Klimaneutralität erreicht. Viele Unternehmen gehen das Projekt Dekarbonisierung trotzdem noch immer zögerlich an. Die Gründe sind verständlich: Es warten hohe Investitionskosten und die Lage in der Politik scheint unsicher.
Trotz dieser unsicheren Ausgangslage gibt es aber zahlreiche Gründe, warum Wohnungsunternehmen der Klimastrategie höchste Priorität einräumen sollten: Zum Beispiel drohende Wertverluste, explodierende Energiekosten und hohe steuerliche Abgaben. Der folgende Beitrag erklärt, warum an der schnellen Dekarbonisierung Ihres Immobilienportfolios kein Weg vorbeiführt.
Die aktuelle Marktlage
Es lassen sich vier Marktentwicklungen identifizieren, die Unternehmen zugutekommen, die ihre Klimastrategie jetzt angehen:
Investitionsentscheidungen
Investor:innen beziehen den Faktor Nachhaltigkeit verstärkt in ihre Entscheidungsprozesse mit ein. Das führt dazu, dass Projekte und Immobilien, die hohe Nachhaltigkeitsstandards erfüllen, bevorzugt finanziert werden und auf dem Markt höhere Bewertungen erzielen können. Das bestätigt eine im Jahr 2022 veröffentlichte Studie von bulwiengesa, in der 85 % der befragten Immobilienvertreter:innen insbesondere die Relevanz von ESG-Konformität als Investmentkriterium betonten.
Mieteranforderungen
Die Nachfrage nach nachhaltigen und energieeffizienten Gebäuden hat in den vergangenen 12 Monaten weltweit zugenommen. Das bestätigt mehr als die Hälfte der 4000 Immobilienexpert:innen, die im Rahmen des Nachhaltigkeitsbericht der RICS Ende 2023 befragt wurden. Mieter:innen bevorzugen zunehmend Immobilien, die nicht nur niedrigere Betriebskosten bieten, sondern auch eine geringe Umweltbelastung aufweisen. Das verstärkt den Druck auf Eigentümer:innen ihre Immobilienbestände entsprechend anzupassen und zu modernisieren.
Technologische Entwicklungen
Die Verfügbarkeit und Kosteneffizienz von Technologien wie Photovoltaik, Wärmepumpen und Batteriespeichern haben sich deutlich verbessert. Gleichzeitig ermöglicht moderne Software die Datenanalyse im Klimastrategie-Prozess und beschleunigt somit den Entscheidungsprozess, beispielsweise bei der Bewertung der Energieeffizienz der geplanten Maßnahmen.
Energiepreisentwicklungen
Steigende Energiepreise wirken sich direkt auf die Betriebskosten von Immobilien aus. Dekarbonisierungsmaßnahmen, die den Energieverbrauch reduzieren und auf erneuerbare Energiequellen umstellen, können erhebliche Kosteneinsparungen ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit von Immobilien verbessern. Bonus: Sich jetzt mit dem Thema erneuerbare Energien zu beschäftigen ermöglicht es Unternehmen langfristig unabhängig von der Marktlage und den damit verbundenen Schwankungen zu werden.
Ein Überblick über die gesetzlichen Vorgaben: Gesetzliche Regelungen bevorzugen schnelles Handeln
Zusätzlich zu der Marktlage gibt es außerdem einige gesetzliche Veränderungen, die ein schnelles Handeln bevorzugen.
Reduktion der CO2 Kosten: CO2-Kostenaufteilungsgesetz
Das CO2-Kostenaufteilungsgesetzt gilt seit 1. Januar 2023. Für Wohngebäude gilt ein Stufenmodell. Dabei gilt: Je schlechter der energetische Zustand eines Gebäudes ist, desto höher ist der Kostenanteil an der CO2-Abgabe für Vermieter:innen. Bei einem sehr hohen CO2-Ausstoß (ab 52 kg CO2-Ausstoß pro m2 im Jahr) trägt der oder die Vermieter:in 95% der CO2-Bepreisung, aktuell werden 45 Euro pro Tonne fällig). Beinhaltet das eigene Portfolio viele unsanierte Wohnungen mit schlechter Energiebilanz, steigt die Abgabe in den nächsten Jahren schnell in die Millionenhöhe. Je besser die Energiebilanz, desto geringer die Abgabe für Immobilieneigentümer:innen.
Reduktion fossiler Energieträger: GEG-Novelle
Das seit 1. Januar 2024 geltende Gesetz verlangt: Jede ab diesem Zeitpunkt neu eingebaute Heizung in Gebäuden muss zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Bestehende Heizungen können weiter betrieben, kaputte repariert werden. Wenn eine Heizung nicht mehr zu reparieren ist und ausgetauscht werden muss, gelten Übergangsfristen. Das Gesetz beinhaltet eine zeitliche Obergrenze für fossile Brennstoffe zum 31.12.2044 und das Monitoring von Wohngebäuden, das ab 2025 eine Fernauslese für erzeugte Wärmemengen und Energieverbrauch ermöglichen muss. Das GEG ist ein wichtiger Treiber jetzt schnellstmöglich nachzuholen, was über viele Jahre vernachlässigt wurde. Je schneller eine Klimastrategie unter Berücksichtigung der geltenden Regularien entwickelt wird, desto frühzeitiger machen sich Immobilieneigentümer:innen unabhängig von damit einhergehenden Sanktionen unabhängig. Die Nichteinhaltung der Vorgaben und Normen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bei Neubauten oder Sanierungen kann zu einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro führen.
Verbesserung der Energieeffizienzklassen: EPBD-Richtlinie
Die Richtlinie formuliert u.a. Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sowie Regelungen zur Erstellung von Energieausweisen und unabhängige Kontrollsysteme zur Gesamtenergieeffizienz. Innerhalb von zwei Jahren müssen die von der EU festgelegten Sanierungsvorgaben implementiert werden. Die Richtlinie gibt vor, den Energieverbrauch in Wohngebäuden bis 2030 durchschnittlich um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent zu reduzieren. Zusätzlich sieht die Richtline, dass bis 2040 in Gebäuden keine fossilen Brennstoffe mehr verwendet werden. Die Sanktionen für Immobilienunternehmen, die diese Vorgaben nicht erfüllen, werden aktuell noch diskutiert.
Strategische Vorteile der sofortigen Dekarbonisierung
Abseits der Entwicklungen am Markt und der Gesetzeslage sprechen aber auch noch weitere Vorteile dafür, Ihre Klimastrategie jetzt zu planen und umzusetzen. Im Folgenden haben wir diese für die Bereiche Strategie, Wirtschaft und Technik für Sie zusammengetragen.
Ausbau der eigenen Marktstellung: Gebäude mit niedrigen Betriebskosten und hoher Energieeffizienz erzielen höhere Mietpreise und Verkaufswerte, das bestätigt eine im Jahr 2022 im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Umwelt (BAFU) durchgeführte Studie. Die finanzielle Attraktivität einer Immobilie steigt mit deren CO2-Minimierung. Durch die verbesserte Energieeffizienz können höhere Kaltmieten erzielt werden, da die Mieter:innen von geringeren Energiekosten profitieren und somit insgesamt weniger Mietkosten tragen. Zudem reduzieren sich die Betriebskosten der Immobilie, was zu einer Verringerung des Vermieteranteils an der CO₂-Steuer führt. Es liegt die Vermutung nahe, dass zertifizierte Portfolien auf dem Markt zukünftig noch stärker nachgefragt werden.
Verbesserte Stakeholder-Beziehungen: Ein klimaneutrales Immobilienportfolio ist eine sichtbare und messbare Maßnahme, die das Engagement eines Unternehmens für Umweltschutz und soziale Verantwortung unterstreicht. Dies stärkt nicht nur die Wettbewerbsposition, sondern trägt auch zu einer positiven Beziehung zu Stakeholdern wie Investor:innen, Kund:innen und der lokalen Gemeinschaft bei.
Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung: Angesichts der globalen Verantwortung der Immobilienbranche für 40 % der CO2-Emissionen und der aktuellen geringen Sanierungsquote von 1% pro Jahr ist eine drastische Beschleunigung der Sanierungsrate erforderlich, um die CO2-Emissionen bis 2045 auf Null zu reduzieren. Ein sofortiger Beginn der Dekarbonisierung ermöglicht eine schrittweise Erhöhung der Sanierungsquote auf 4 bis 5 % pro Jahr, was entscheidend ist, um die Klimaziele rechtzeitig zu erreichen.
Gewinn von Expertenwissen: Unternehmen, die jetzt mit der Dekarbonisierung beginnen, sind besser in der Lage, effiziente, groß angelegte Lösungen zu implementieren und so langwierige und kostspielige Testphasen zu vermeiden. Weg von Pilotprojekten, hin zu einem ganzheitlichen Ansatz, lautet die Devise.
Wirtschaftliche Vorteile der sofortigen Dekarbonisierung
Modernisierungsmaßnahmen setzten Immobilienunternehmen sofort mit hohen Investitionskosten gleich. Eine kluge Klimastrategie verspricht allerdings langfristig wirtschaftliche Effizienz. Hier spielt das Vorgehen nach standardisierten Verfahren eine wichtige Rolle: So können Sie Bedarfe im Gesamtportfolio frühzeitig festlegen und Kosten sparen. Zum Beispiel lassen sich durch Großbestellungen von Wärmepumpen günstigere Preise aushandeln. Dies gilt auch für Vertragsabschlüsse mit Dienstleister:innen. Bei frühzeitiger Planung und Vertragsschluss profitieren Sie von besseren Konditionen und umgehen den zunehmenden Fachkräftemangel.
Je früher die Maßnahmen im Immobilienportfolio umgesetzt werden, desto schneller lassen sich wirtschaftliche Vorteile erzielen. So kann beispielsweise durch den Einsatz von Sektorenkopplung die Amortisationszeit der Maßnahmen reduziert werden, was beispielsweise zur Auflösung des Investoren-Mieter-Dilemmas beiträgt.
Begriffserklärung: Investoren-Mieter-Dilemma = Die maximale Umlage der Modernisierungskosten auf die Kaltmiete beträgt zwei bis drei Euro pro Quadratmeter. Diese Regelung führt dazu, dass Investitionen in Modernisierungen unterbleiben, da der Vermieter:innen langfristig keinen ausreichenden Ertrag aus seiner Investition erzielt.
Reduktion der CO2-Kosten: Durch die Einführung von CO2-Preisen und die steigenden Abgaben auf fossile Brennstoffe werden die Betriebskosten für traditionell betriebene Gebäude zunehmend teurer. Im Jahr 2024 beträgt der CO2-Preis 45 Euro pro Tonne. Für das Jahr 2025 wird ein Preis von 55 Euro pro Tonne erwartet. Bei einer 100-Quadrameter-Wohnung mit Ölheizung bei durchschnittlichem Verbrauch und höchster Beteiligungs-Stufe beläuft sich die Summe bis zum Jahr 2032 auf über 2000 Euro pro Wohnung. Je nach Anzahl der verwalteten Wohneinheiten kommt hier eine hohe Abgabesumme auf Wohnungsunternehmen zu. Gleichzeitig bieten viele Länder Steuererleichterungen, Zuschüsse und andere finanzielle Anreize für die Implementierung von Energieeffizienzmaßnahmen und den Einsatz erneuerbarer Energien. Diese finanziellen Faktoren machen die Dekarbonisierung nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch attraktiv.
Maximale Energieeffizienz: Gebäude, deren Energieversorgung jetzt auf erneuerbare Energiequellen umgestellt werden, erfahren eine signifikante Reduktion der Energiekosten. Bis zu 90 %-ige Einsparung von CO2-Emissionen sind durch Modernisierung möglich. Ein ganzheitliches Energiemanagement, beispielsweise durch den Ansatz der Sektorenkopplung führt zu optimaler Energienutzung in einem Quartier. Ziel ist es, Energie dort zu verwenden, wo sie erzeugt wird, und gleichzeitig erneuerbare Energien optimal zu nutzen.
Unabhängigkeit von Energiepreisen: Die Preise für fossile Brennstoffe sind volatil und tendieren langfristig zum Anstieg, besonders in Zeiten geopolitischer Unruhen. Durch die Dekarbonisierung und den Übergang zu erneuerbaren Energiequellen können Immobilienbesitzer:innen langfristig unabhängig von den Preisen auf dem Markt sein und sich und den Mietern so mehr Ruhe erkaufen.
Technologischen Entwicklungen, die Sie bei der Klimastrategie unterstützen
Der technologische Fortschritt macht vor der Immobilienbranche nicht halt: Die Technologien zur Reduktion von Emissionen, wie Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen und effiziente Gebäudeisolierung, haben sich weiterentwickelt und sind kosteneffektiver geworden. Die digitalen Lösungen bieten Wohnungsunternehmen neue Möglichkeiten bei der Entwicklung der idealen Klimastrategie.
Immobilien-Software: Software ermöglicht es Nachhaltigkeitsverantwortlichen, schneller und zuverlässiger strategische Entscheidungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen und zur Steigerung der Energieeffizienz im Portfolio zu treffen. Moderne digitale Lösungen wie das “AE Carbon Dashboard” integrieren bereits jetzt die aktuelle Gesetzgebung in ihren Funktionsumfang, sodass dadurch beispielsweise CSRD Reporting-Pflichten erleichtert werden.
Erneuerbare Energiequellen: Der Einsatz von Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien wie Solarenergie (Photovoltaik-Anlagen), Windenergie und Geothermie ist fundamental. Diese Technologien ermöglichen es Gebäuden, Energie nachhaltig zu erzeugen und zu verbrauchen.
Energieeffiziente Gebäudeautomation: Intelligente Gebäudeautomationssysteme sind eng mit den gesetzlichen Vorschriften verknüpft: Das Gebäudeenergiegesetz schreibt beispielsweise die Ausstattung von Nicht-Wohngebäuden vor. Wohngebäude sind von der Regelung ausgenommen, dennoch führt die Ausstattung eines Wohngebäudes mit Smart Home zu einem positiveren Energieausweis. Ein weiterer Grund, der für diese Investition spricht: Moderne Gebäudeautomationssysteme sind heute technologisch ausgereifter und bieten verbesserte Verknüpfung zwischen verschiedenen Geräten und Systemen. Die Integration von IoT-Technologien ermöglicht eine vernetzte und datengesteuerte Gebäudesteuerung, die weit über die Möglichkeiten von vor einigen Jahren hinausgeht.
Erfahrungsberichte aus der Wohnungswirtschaft
Die Entscheidung für eine schnelle Dekarbonisierung sollte nicht nur von externen politischen Faktoren abhängig gemacht werden. Die wirtschaftlichen, strategischen und technologischen Vorteile zeigen, warum Immobilienunternehmen jetzt handeln müssen. Sie möchten finanzielle Risiken minimieren, Ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern und gleichzeitig gesetzliche Richtlinien erfüllen? Wie andere Immobilienunternehmen jetzt vorgehen, diskutieren wir beim “Dialog Dekarbonisierung”. Melden Sie sich jetzt hier kostenfrei für eine unserer Veranstaltungen an.