Das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) und seine zentrale Vorgabe, alle neuen Heizungen ab dem 1. Januar 2024 mit 65 % erneuerbaren Energien zu betreiben, sorgt derzeit für hitzige Diskussionen. Doch auch darüber hinaus sind derzeit diverse Gesetzesvorhaben in Diskussion, beispielsweise die PV-Strategie der Bundesregierung oder das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Auch wenn vieles noch nicht in Gesetzesform gegossen wurde, die Richtung ist klar: Für Immobilienunternehmen, die sich nicht damit befassen, ihre Liegenschaften nach und nach zu dekarbonisieren, wird durch die regulatorischen Maßnahmen auf Bundes- und EU-Ebene der Druck immer größer. Die Immobilienwirtschaft muss handeln. Sie kann dies freiwillig, proaktiv und vorausschauend tun und aus der Not eine Tugend machen. Oder sie wird nach und nach zur Getriebenen größer werdender regulatorischer Zwänge. Eine Einschätzung der derzeitigen (Gesetzes-)Lage.
Die Immobilienwirtschaft ist für etwa 40 Prozent des CO₂-Ausstoßes in Deutschland verantwortlich. Es bräuchte eine Verfünffachung der Sanierungsquote, um bis 2045 klimaneutral zu werden. Angesichts des menschengemachten Klimawandels ist es nicht verwunderlich, dass die Politik durch mehr und mehr regulatorische Maßnahmen den Immobiliensektor zum Handeln bewegen will.
Das zeigt nicht nur das erwähnte GEG. Auch wenn „Habecks Heiz-Hammer“ (Bild) sehr viel Kritik auf sich gezogen hat, handelt es sich aus meiner Sicht, unterm Strich, um einen vergleichsweise ausgewogenen Gesetzentwurf, der in die richtige Richtung zeigt. Dass neue Heizungen ab 2024 mit 65 Prozent erneuerbaren Energie betrieben werden müssen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Zumal der Gesetzgeber Härtefallregelungen, Übergangsfristen und Fördermittel vorsieht. Das Gesetzt beinhaltet in diesem Zusammenhang eine zeitliche Obergrenze für fossile Brennstoffe zum 31.12.2044 und das Monitoring von Wohngebäuden, das ab 2025 eine Fernauslese für erzeugte Wärmemengen und Energieverbrauch ermöglichen muss. Dass das viele Unternehmen vor Probleme stellt, ist klar und verständlich. Dass wir schnellstmöglich nachholen müssen, was über Jahre, gar Jahrzehnte vernachlässigt wurde, aber auch.
Das Gebäude-Energie-Gesetzt zeigt in die richtige Richtung
Die Umsetzung der Maßnahmen wird in der Konsequenz sicherlich große Herausforderungen bringen – Stichworte sind hier Fachkräftemangel und die Verfügbarkeiten von Anlagentechnik, wie z. B. Wärmepumpen. Doch nun besteht zumindest Klarheit über die Richtung. Eine Klarheit, die übrigens auch der Industrie hilft, die Produktion der notwendigen Anlagentechnik entsprechend hochzufahren und Kapazitäten auszubauen.
Aber es gibt natürlich auch Schwachpunkte beim GEG. Was beispielsweise völlig an der Realität vorbei geht, sind die Regelungen beim Thema Wasserstoff. Fast alle Expert:innen sind sich in diesem Zusammenhang einig, dass dieser beim Heizen keine Rolle spielen wird, weil die Effizienz viel zu gering und Wasserstoff in der Industrie zunächst wichtiger ist. Darüber hinaus sind die Ziele und fristen im Gesetz hierzu völlig unrealistisch. Kein Erdgas-Netzbetreiber wird eine Umstellung seiner Netze auf Wasserstoff bis 2035 abschließen und eine Belieferung mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff ab diesem Zeitpunkt realisieren können. Dass daher alle Pfeile in Richtung einer elektrifizierten Wärmeversorgung – und damit der Wärmepumpe zeigen – ist nicht weiter verwunderlich.
Ein dekarbonisierter Gebäudebestand ist Ziel der EU
Eine weitere Gesetzesinitiative, die in der öffentlichen Diskussion derzeit kaum eine Rolle spielt, ist die EPBD (Energy Performance of Buildings Directive), die Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Sie legt dar, wie ein emissionsfreier und vollständig dekarbonisierter Gebäudebestand bis 2050 gelingen kann.
Der Gesetzentwurf der EU-Kommission beinhaltet unter anderem die Idee eines Minimum Energy Performance Standards (MEPS). Dabei sollen EU-weite Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden eingeführt werden. Hier droht mittel- bis langfristig, dass Gebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz, d. h. mit Effizienzklasse G oder F, saniert werden müssen – und sonst womöglich nicht mehr vermietet werden dürfen.
Die in Bezug auf die Gesamtenergieeffizienz am schlechtesten abschneiden Wohngebäude sollen dabei nach dem Worst-First-Prinzip renoviert werden. Das bedeutet, dass die Gebäude der Klasse G (die 15 Prozent der schlechtesten Gebäude eines Landes) bis 2030 mindestens die Klasse F und bis 2033 die Klasse E erreichen müssen.
Auch hier stimmt nach bisherigen Eindrücken die Richtung, auch wenn spannend bleibt, wie das Gesetz am Ende genau formuliert sein wird und welche Ableitungen die nationalen Regierungen treffen. Die weitere Entwicklung sollte jedenfalls von der Immobilienwirtschaft aufmerksam verfolgt werden.
In jedem Fall drängt sich der Immobilienwirtschaft angesichts der erläuterten regulatorischen Änderungen, deren Stoßrichtung klar ersichtlich ist, die Frage auf, wie die sich darauf ergebenden Anpassungsleistungen finanziert werden sollten.
Entscheidend wird in jedem Fall sein, eine intelligente Klimastrategie auf den Weg zu bringen. Kern eines solchen Vorgehens sind zum einen standardisierte Energiekonzepte und ein serieller Roll-out, um die Dekarbonisierung effizient, wirtschaftlich und schnell voranzubringen (siehe mein letzter LinkedIn-Artikel vom 28. März).
Am Ende ist eines klar: Die Immobilienwirtschaft muss sich der Herausforderung „Dekarbonisierung“ stellen, um Wertverlusten entgegenzutreten, strukturiert neue Refinanzierungspotentiale zu erschließen und sich fit zu machen für die Herausforderungen der Zukunft.
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